Ein paar Worte zum Anti-Diät Tag

Am 6. Mai war Internationaler Anti-Diät-Tag: Initiiert von Mary Evans Young werden an diesem Tag seit 32 Jahren ALLE Körper gewürdigt, Schönheitsideale kritisch hinterfragt, über die Folgen von Diäten und bariatrischen Operationen aufgeklärt und Antidiskriminierungskampagnen gestärkt.

Kapitalistische, sexistische und rassistische Strukturen der Diätkultur sowie deren patriarchalen Logik sollen aufgezeigt und bewusst gemacht werden.

Es geht also nicht darum, heute ‚das Stück Kuchen statt den Salat zu essen‘ und ‘mal keine Diät zu machen’. Überhaupt finde ich ‘Diät’ in unserer Gesellschaft den verharmlosendsten Begriff überhaupt. Denn Diäten sind alles andere als als ungefährlich und ihre Folgen und Hintergründe werden maßlos unterschätzt.

Der Anti-Diät-Tag erinnert uns daran, dass es wichtiger ist, auf unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden zu achten, als einem idealisierten Schönheitsideal zu entsprechen. In einer Welt, die von Diäten und in der Tat auch der maximal ‚gesunden‘ Ernährung und dem Streben nach dem „perfekten“ Körper besessen ist, gar nicht so leicht.


Es geht nicht darum, individuelles Verhalten zu kritisieren oder Menschen zu beschämen. Es geht nicht um die individuelle, sondern um die strukturelle Ebene. Machen wir uns bewusst, dass die Einflüsse der Diätkultur überall sind.

Diätkultur

hat uns sozialisiert, uns geprägt. Wir sind in ihr aufgewachsen und leben in ihr. Sie ist tief in uns verankert und es ist utopisch zu erwarten, dass wir sie im Alleingang vollständig ablegen können. Dazu ist ein gesellschaftlicher Wandel notwendig.


Anti-Diät ohne Anspruch auf Perfektion

Anti-Diät ist kein Leistungssport. Es gibt kein Ziel, das erreicht werden muss. Es geht nicht darum, alles perfekt und richtig zu machen.

Vielleicht geht es erstmal gar nicht so sehr um konkrete Handlungen, sondern um die Haltung dahinter.

Welches Bild und welche Vorstellungen von Körper, Gesundheit, Essen und Ernährung habe ich?
Welches hat die Gesellschaft?

Wenn wir uns das klar machen und uns von unerreichbaren Ansprüchen verabschieden, können wir viel bewirken. Für uns, für kommende Generationen. Schritt für Schritt.

Auf die Haltung kommt es an:

Körper und Fettfeindlichkeit

  • Auseinandersetzung mit (der eigenen) Fettfeindlichkeit. Ursprünge, Auswirkungen und Beeinflussung im Hier und Jetzt

Prägungen und Glaubenssätze

  • Wie wurde in meiner Familie über Körper und Essen gesprochen? Was wirkt heute noch? Was hat das wirklich mit körperlicher und seelischer Gesundheit und Wohlbefinden zu tun?
  • Welche Medien, welches Umfeld haben mich als Heranwachsende geprägt?

Gleichzeitigkeit und Ambiguitätstoleranz

Unser Leben und unser Alltag sind voller Widersprüche, die sich nicht immer auflösen lassen. Üben wir uns darin, Bedürfnisse zu erkennen und abzuwägen, statt dogmatisch zu denken und zu handeln. Oft gibt es nicht die eine richtige Antwort, sondern subjektive Einschätzungen. Das müssen wir aushalten und verantwortungsvolle Entscheidungen treffen, auch ohne alles zu wissen.

Leistungsgesellschaft und Selbstoptimierung

Wir sind davon geprägt, dass Informationen leicht zugänglich sind. Wissen kann einfacher und barrierefreier erworben werden als noch vor wenigen Jahren. Damit steigt auch unser Anspruch an uns selbst, jeden Teilbereich unseres täglichen Lebens optimal zu gestalten und ständig zu verbessern. Dass wir etwas leisten müssen, um etwas wert zu sein, ist fest in uns verankert.

Dass dies nichts mehr mit Selbstfürsorge, sondern mit Selbstoptimierung zu tun hat und auf kapitalistischen Prägungen beruht, sollten wir uns bewusst machen.

Ich glaube, neben den kleinen Dingen im Alltag, die wir anders machen können, ist es ganz wichtig, das große Ganze zu sehen.

In welcher Gesellschaft lebe ich? Was prägt mich?

Welche Haltung möchte ICH haben, welchen Grundprinzipien & welchen Werten möchte ICH eigentlich folgen?

Der Anti-Diät-Ansatz ist dabei schonmal ein ziemlich guter Anfang.

Tolle Bücher zum Thema Diätkultur und Körper

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